(letztes Update: 13.12.2022)
Kurie Jesuitenkloster Vorsehungskloster
Der Name Friedrichsburg ist eher volkstümlich entstanden und hat sich durchgesetzt. Die Friedrichsburg war ursprünglich Wohnsitz des Domherren Friedrich von Galen, der sie 1729 für sich bauen ließ. Sie war ein symmetrisch angelegtes Gebäude mit Mittelachse, das im Laufe der Zeit zahlreiche Veränderungen erfuhr. Baumeister war der Münsteraner Barockarchitekt Gottfried Laurenz Pictorius.
Friedrich Christian (1689 – 1748) aus der westfälischen Adelsfamilie von Galen war Domherr und ab 1732 Domdechant unter dem Münsteraner Fürstbischof Clemens August von Bayern. Sein Grab befindet sich in einer der Galenschen Kapellen des Paulusdomes. Er war Nachfahre des berühmten Fürstbischofs Bernhard von Galen und gehörte zu den Verwandten des NS-Gegners Kardinal Clemens-August von Galen.
Weit draußen vor der Stadt
Weshalb sich Friedrich von Galen weit draußen vor der Stadt eine Residenz bauen ließ, ist nicht wirklich geklärt. War das Haus nur ein Sommersitz, wie man lesen kann? Es ist möglich, denn Adlige und wohlhabende Bürger verließen oft im Sommer die Stadt und hielten sich in der Grünzone vor dem Promenadenring auf. Davon zeugt noch heute das Schlaunsche Gartenhäuschen an der von Kluck-Straße.
Einer anderen überlieferten Version nach soll Friedrich von Galen Einsamkeit, Meditation und Gebet geschätzt haben und sich deshalb in das wenig besiedelte Gebiet „Vor dem Aegidiitore“ zurückgezogen haben. Als er 1732 zum Domdechanten gewählt wurde, ließ er jedoch für sich am Domplatz die „Galensche Kurie“ errichten, auf deren Gelände heute das LWL-Museum steht.
Ein originelle Erklärung wusste eine der zuletzt in der Friedrichsburg lebenden Vorsehungsschwestern zu präsentieren: Demnach war Friedrich von Galen ein Freund des guten Bieres, und da das Bier auf dem Lande bessere Qualität hatte als das Bier der Stadt, unternahm er häufiger Ausfahrten zu den ländlichen Krügen. Dabei soll es vorgekommen sein, dass er die Stadt nicht rechtzeitig vor Schließung der Stadttore erreichte und bis zum nächsten Morgen warten musste. Deshalb verlegte er seinen Wohnsitz kurzerhand vor die Tore der Stadt. Diese Erklärung bedarf noch einer Überprüfung!
Jesuiten in der Friedrichsburg
Nach dem Tode Friedrichs von Galen verpachtete die Familie das Haus, bis sich mehr als hundert Jahre später ein Käufer fand: der Jesuitenorden. Die Jesuiten errichteten hier ein Noviziat. Durch sie erfuhr die Friedrichsburg erste Umbauten: der Mitteltrakt wurde erhöht und das Haupthaus bekam ein Walmdach, im Norden wurde ein Anbau hinzugefügt.
Die Vorsehungsschwestern
Ein Foto zeigt deutlich die Bauabschnitte: der Mittelrisalit mit seinem erhöhten Giebel überragt den gesamten Komplex, links und rechts schließen sich die beiden zweiachsigen Trakte der zweigeschossigen ehemaligen Kurie an. Das Gebäude wurde im Süden durch einen im Stil angepassten Flügel erweitert.
Rechts sieht man den geräumigen aber schlichten Erweiterungsbau mit dem Seitenflügel. Dieser bekam 1930 ein zusätzliches Stockwerk. Eine neue Kapelle wurde 1933 geweiht.
Kurz nach Kriegsbeginn plante der Oberbürgermeister Anton Hillebrand die Beschlagnahme der Friedrichsburg zu Militärzwecken und am 5. Oktober 1940 wurde dort ein 40köpfiger Sanitätstrupp stationiert. Im Verlauf des Krieges sollten einquartierte Soldaten und Kriegsgefangene folgen.
Die Schwestern versuchten, in anderen Niederlassungen auf dem Land unterzukommen. Nur zwölf Schwestern verblieben während des Krieges auf der Friedrichsburg.
Zwischen September 1944 und März 1945 wurde die Friedrichsburg fünfmal Ziel von alliierten Bombenangriffen. Die Nähe zur Ringstraße, einer wichtigen Verkehrsader, wurde ihr zum Verhängnis.
"Der schwerste Angriff auf Münster setzte ein. Münster in Flammen war die kurze Meldung, die die Not der Menschen noch steigerte. Kein Bunkerwart und keine Vorsichtsmaßregeln hielten uns lange im Bunker. Als wir zurückeilten, war die Weseler Straße eingesäumt von brennenden Häusern. Zu diesen gehörte auch unsere Friedrichsburg. Der Nordflügel und der bereits bombardierte Mittelbau brannten lichterloh. Aus allen Fensterlöchern schlug das Feuer. Hier war nichts mehr zu retten. Aber auch der Neubau war getroffen. Über dem Südflügel schlugen die Flammen aus dem Dach. Fast kein Ziegel saß mehr an seinem Platz. Wohin das Auge schaute, Verwüstung, Brand. Die Haustür und alle Türen waren aus den Angeln, die Fenster mit Rahmen aus den Wänden herausgerissen, die Glaswand im Flur zerbrochen, im Schwesternflur, im Schwesternzimmer, auf der Krankenveranda, in mehreren Krankenzimmern, auf dem Glockenboden, im Kartoffelkeller, überall hatten die Brandbomben gezündet, in allen Teilen des Hauses war Feuersglut. Niemand überlegte, was zu tun sei, die Hilfe organisierte sich wie von selbst. Die gefährdetsten Stellen: Glockenboden, Verbindungsstellen zwischen Treppenhaus und Novizenkorridor wurden unter Wasser gesetzt. Die einzige erreichbare Wasserquelle war der Bombentrichter an der alten Esche am Geistbach im Garten. Eimer auf Eimer wurde im eiligen Lauf, zum Teil auf Schiebkarren, zum Hause geholt. Zu einer Wasserkette fehlten die Hände. An den Brandstellen stand die nachbarliche Hilfe und griff uns die Eimer aus der Hand.“ |
1962 begann eine grundlegende Sanierung und Umgestaltung. Äußerlich passte sich der Neubau den Anbauten des frühen 20. Jahrhunderts an. Eine neue Kapelle wurde in einem neuen Seitenflügel errichtet.
1975 wurde der mittlere Bau, der einst Kurie gewesen war, abgerissen und neu gebaut. Im Stil der siebziger Jahre war die Fassade eine Gestaltung aus Glas, Stahl und Kunststoff. Im Inneren entstand eine großzügige Eingangshalle.
Das Gelände der Friedrichsburg besaß vier Eingänge:
Hauptzufahrt wurde das große, abends verschlossene Tor am Hoppendamm.
Eine weitere Zufahrt gab es von der Weselerstraße, eine dritte selten genutzte vom Koldering aus. Für Fußgänger gab es am Ende der Körnerstraße ein kleines Seitentor.
Der großzügige Park stand allen tagsüber offen. |
Wie allen Orden in Deutschland fehlte es auch den Schwestern von der Göttlichen Vorsehung im ausgehenden zwanzigsten Jahrhundert an Nachwuchs. Der Orden beschloss deshalb, die Friedrichsburg zu verkaufen. Käufer wurde die benachbarte LVM. Im ehemaligen Klostergarten entstanden drei Wohnhäuser, von denen eines das neue Provinzhaus der Schwestern wurde. Am 29. April 2020 weihte Bischof Genn dort die Kapelle; ab März konnten die Häuser bezogen werden.
Schwester Angelika Welzenberg, Die westfälische Provinz der Ordensgemeinschaft der Schwestern von der Göttlichen Vorsehung, 1. Band 1842 - 1970, Münster 1991
Jörg Niemer, Die Friedrichsburg, in: Gottfried Laurenz Pictorius, Münster (Westf.) 2002, S.140 -144
50 Jahre Pfarrgemeinde Sankt Antonius, Festschrift zur Fünfzig – Jahr – Feier, Münster 1959
Münster, Von der Provinzial- zur Gauhauptstadt, Münster 2000
LWL
Augenzeugenbericht
Impressionen von Ostern 2020
| Der Haupteingang: Die beiden Sandsteineinfassungen stammen noch vom ursprünglichen Gebäude von Laurenz Pictorius. |
Das Gartenhaus | |
Im Sommer sprudelte im Klostergarten ein kleiner Brunnen. Das Wasser stammte aus dem heute kanalisierten Geistbach | |
Das ehemalige Schwimmbad für die Schwestern, zuletzt Ausstellungsraum zur Geschichte des Ordens. | |
Bänke, die um Bäume herum gebaut wurden, waren einst typisch für das Erholungsgebiet am Aasee. | |
Ein Holzkreuz steht noch auf der von hohen Bäumen umstandenen Wiese im Osten des Klostergebäudes. Es gehörte einst zum im Krieg zerstörten Klosterfriedhof. | |
Pieta in der Nordostecke des Klostergartens. Im Sommer rankten Rosen an der Begrenzungsmauer. |
Der Abriss ab Februar 2022
Dezember 2022
Blick zum Hppendamm. Links derNordflügel des neuen Schwesternwohnheimes. | |
Der frühere Klostergarten, der bald eine Baustellle sein wird. | |
Garten des Schwesternwohnheimes mit Blick zur LVM | |
Blick zum Koldering. Rechts das Altenwohnheim Friedrichsburg. | |
Gedenkstein für der Ordensgründer Eduard Michelis. | |
Klostergarten. |