1.1 Lage der Insel – Name der Insel
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Die frühere Leprainsel Spinalonga liegt im östlichen Teil Kretas an der Nordküste im Golf von Mirambello. Die nächsten Ortschaften auf dem kretischen Festland sind Agios Nikolaos und weiter nördlich Elounda sowie das Dorf Plaka. Vor Elounda erstreckt sich eine Halbinsel, die ebenfalls des Namen Spinalonga trägt.
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Die Insel Spinalonga ist etwa 440 m lang und 250 m breit. Das Dorf Plaka auf dem kretischen Festland ist nur etwa 750 m entfernt. Der Name Spinalonga entstand unter der venezianischen Herrschaft über Kreta; auf Deutsch bedeutet er „langer Dorn“. Der Name leitet sich jedoch von der griechischen Bezeichnung „stin Elounda“ (στην Eλούντα/bei Elounda) her, den die Venezianer ins Italienische umgeformt haben. Nach Auflösung der Leprakolonie sollte der Name geändert werden, um die Erinnerung an die Kranken und ihr Schicksal auszulöschen. Man wählte als neue Bezeichnung den Namen Kalydon, der jedoch keinen historischen Bezug zur Insel hatte. Im Sprachgebrauch setzte er sich nie durch; im Internet (Wikipedia) wird er dennoch als offizieller Nmae der Insel verwendet.
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1.2 Geschichte der Insel bis 1901 Vorgeschichte und Antike Eine Besiedlung der Insel in Minoischer Zeit, in der griechischen Antike und im Hellenismus ist durch archäologische Funde und Quellen belegt, eine genaue Datierung allerdings schwierig. Die Nordwesthälfte der Insel war durch eine Befestigungsmauer gesichert. Sie wurde von den Venezianern überbaut und ist noch an einigen Stellen sichtbar. Heute noch vorhandene Zisternen müssen bereits in der Antike bestanden haben.
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Frühes Mittelalter: 827 bis 961 hielten die Araber Kreta besetzt und die Griechen verließen die nördlichen Küsten. Der einst blühende Handel erlosch und die Gegend geriet in Vergessenheit. Hohes Mittelalter: 1204 gewann die Seerepublik Venedig die Oberherrschaft über Kreta. Auf der Felseninsel „Stin Elounda“ wurde bereits eine erste Kirche errichtet, von der heute noch Ruinen erhalten sind. Neuzeit: Die Verbreitung des Schießpulvers machte neue Befestigungstechniken notwendig. 1578 begannen die Venezianer die Insel Spinalonga als Festung gegen die Bedrohung durch die Osmanen auszubauen. Der Golf von Mirambello bildet einen natürlichen Hafen und die Einfahrt sollte von der Insel aus verteidigt werden. Es entstand eine Ringmauer mit Bastionen und Höhenbefestigungen, deren Ruinen noch heute zu sehen sind. Bis ins 17. Jahrhundert hinein erfuhren sie eine ständige Erweiterung
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Türkische Besatzung 1715 eroberten die Türken Spinalonga. Den Venezianern wurde freier Abzug gewährt, die verbleibenden Griechen trotz gegenteiliger Zusicherung in die Sklaverei verkauft. Türkische Streitkräfte, Händler und die zur Versorgung notwendigen Handwerker und Landwirte ließen sich in der Folgezeit dort nieder.
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Foto von Giuseppe Gerola (bearbeitet)
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2. Leprakranke unter Osmanischer Herrschaft 1717 erteilt Pascha Mehmet von Kandia (Iraklion) dem Kadi und dem Polizeichef der Stadt den strengen Befehl, Leprakranke ausfindig zu machen und vor den Mauern der Städte anzusiedeln. Als Grund nennt er den Abscheu, den sie bei den seinen Untertanen hervorrufen. In Vollzug des Befehls werden vier Lepradörfer vor den Städten Chania, Rethymnon, Ierapetra und Kandia (Iraklion) angelegt. Man bezeichnet sie als Meskiniès, nach einem arabischen Wort das „gering, schlecht“ bedeutet und als Bezeichnung für „schäbig“ oder „kleinlich“ in die französische Sprache übergegangen ist (mesquin). Die größte Meskinià liegt vor den Toren Kandias. Die Leprakranken lassen sich vor dem östlichen Tor des Hl. Georg nieder, wo sie zunächst in den Felshöhlen und Kasematten Unterschlupf finden, die die Türken während ihrer zwanzig Jahre dauernden Belagerung vor den Toren der Stadt angelegt hatten. Um die Versorgung kümmert sich niemand, der Kontakt mit Gesunden ist verboten, Städte dürfen sie auf keinen Fall betreten.
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Quelle
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Im Jahre 1864 berichtet der italienische Arzt P. Brunelli jedoch, dass sich die Meskiniès zu festen Dörfern entwickelt haben, in denen Gesunde mit Leprakranken zusammenleben. Bei den Gesunden handelt es sich um Angehörige, die ihren kranken Verwandten gefolgt sind, oder auch um gesunde Nachkommen von Leprakranken. Die Stigmatisierung wegen der Krankheit war so groß, dass sie auch Verwandte von Kranken betraf und diese oft keine andere Möglichkeit hatten, als ebenfalls in den Meskiniès Zuflucht zu suchen.
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2. Gründung der Leprastation Spinalonga In Europa setzte sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts die Überzeugung durch, dass die Isolierung der Leprakranken zwangsläufig zum Aussterben der Krankheit führen müsse. 1898 wird Prinz Georg von Sonderburg-Glücksburg zum Hochkommissar der Insel Kreta ernannt, und Ärzte aus Europa drängen ihn, die Isolierung Leprakranker konsequent durchzusetzen. Geplant wird die Anlage einer Siedlung auf der Westseite der Halbinsel Spinalonga, wo die Kranken Landwirtschaft betreiben sollen und sich dadurch zum großen Teil selbst versorgen können. Da aber die Gelder für die Schaffung einer solchen Anlage noch nicht zur Verfügung stehen, beschließt man, Leprakranke zunächst auf der vorgelagerten Felseninsel Spinalonga anzusiedeln. Aus dieser provisorischen Lösung wird ein Dauerzustand. 1901 werden die ersten Leprakranken nach Spinalonga gebracht; ab 1904 beginnt der systematische Transfer. Die wenigen türkischen Familien, die dort immer noch wohnen, werden gezwungen, die Insel zu verlassen. Leprafälle werden meldepflichtig. Grundlage ist ein am 9. Juli 1901 verabschiedetes Gesetz, das unter Mitwirkung des deutschen Lepraarztes Dr. Ehlers zustande gekommen war. Dieses Gesetz legt die Verantwortung für die Deportation der Kranken in die Hände der Polizei.
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4. Leprainsel Spinalonga: Die wichtigsten Gebäude
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Am westlichen Ufer befindet sich der alte venezianische Hafen mit der Porta Maestra. Über eine Treppe gelangt man in das frühere türkische Dorf. An der linken Seite der Treppe etabliert sich ein kleiner Markt, auf dem Bauern vom kretischen Festland ihre Waren anbieten: Nahrung, Kleidung, Dinge des täglichen Bedarfs. Drei bis vier Mal pro Tag setzt ein Boot über nach Spinalonga. Die Bewohner des auf dem kretischen Festland in Sichtweise liegenden Dorfes Plaka erschließen sich eine lukrativeEinnahmequelle und Plaka wächst wieder.
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Rechts neben der Treppe, die vom Hafen zum Dorf führt, befindet sich noch heute der Desinfektionsraum, der ursprünglich ein von Venezianern wie Türken genutztes Garnisonsgebäude war. Zurzeit der Leprakolonie werden hier Briefe der Leprakranken durch Schwefeldämpfe desinfiziert, ebenso die Geldmünzen, mit denen sie ihre Waren bezahlten. Diese Prozedur ist ebenso nutzlos wie diskriminierend. Da auf desinfizierte Briefe eine gestempelte Marke geklebt wird, weiß man im Umkreis des Empfängers sofort, woher der Brief stammt, was unter den Gesunden ständig eine Angst vorimaginärer Ansteckung wachhält. Durch die Desinfizierung des Geldes konnte die Verwaltung genau kontrollieren, wofür die Leprakranken ihr Geld ausgaben. Da sie vom Staat eine Rente zur freien Verfügung erhielten, erzeugte das Neid und Missgunst und sorgte für zusätzliche Diskriminierung. Durch zähe Proteste erreichten die Kranken schließlich, dass mit mehr Diskretion verfahren wurde.
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Spinalonga besitzt keine eigenen Wasserquellen. Trinkwasser muss mit dem Schiff vom kretischen Festland angeliefert werden. Zisternen aus venezianischer Zeit liefern Wasser für die anfallende Wäsche. Vor den Zisternen werden Waschtröge angelegt, in denen bezahlte Arbeiterinnen die Wäsche der Kranken waschen. Das Wasser aus der Zisterne ist jedoch so verschmutzt, dass man es meistens zwei Tage in den Trögen stehen lassen muss, bis sich der Schmutz gesetzt hat. Die Wäscherinnen leben ebenfalls auf der Insel. Die meisten von ihnen sind ihren erkrankten Angehörigen auf die Insel gefolgt, um sie in ihrem Schicksal nicht allein zu lassen.
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aus: Giorgia Moskovi, Spinalonga - Ostkreta, Athen 2005, S.56
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Bereits vom Hafen aus sieht man das heute stark verfallene Hospital. Ursprünglich stand hier eine byzantinische Kirche, die die Türken in eine Moschee umwandelten. Das Gebäude wird 1920 zu einer Krankenstation umgebaut und soll vor allem hilfsbedürftigen Leprakranken als Pflegestätte dienen. Doch kaum einer nutzt diese Möglichkeit, denn damit hätten die Kranken den letzten verbliebenen Rest an Autonomie abgegeben. Hauptsächlich dient das Hospital den gesunden Wäscherinnen als Schlafstätte.
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aus. GGiorgia Moskovi, Spinalonga - Ostkreta, Athen 2005, S.55
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