Ich bin dir ganz bereitet, Ferne
Dr. med. Manfred Oberdörffer
(1910 - 1941)
Ich bin dir ganz bereitet, Ferne – |
Kabul/Afghanistan. Mitten in der Hauptstadt des von Invasion, Diktatur und Krieg geschundenen Landes befindet sich ein ungewöhnlicher Friedhof, dessen Anfänge bis auf das Jahr 1839 zurückgehen. Damals versuchten die Engländer zum ersten Mal erfolglos, in Afghanistan Fuß zu fassen. Gefallene Soldaten wurden auf diesem Friedhof beerdigt; daher sein Name: British Cimetery. 1879 begann ein zweiter Krieg, aber da auch er für die Engländer lange und sehr blutig verlief, gaben sie nach dem Ersten Weltkrieg jeden Plan auf, Afghanistan zu einer Kolonie zu machen. Der Friedhof blieb bestehen, die meisten Gräber verfielen, nur vereinzelt wurden hier noch Ausländer beerdigt. Man spricht deshalb heute eher vom „Ausländerfriedhof“.
2001 begann der Afghanistankrieg der NATO. Neue Gräber mussten angelegt werden, auch für Deutsche. Gefallene Soldaten oder Polizisten, die nicht nach Deutschland überführt werden konnten, wurden hier beerdigt. Für sie wurde eine steinerne Wand errichtet, in die Gedenktafeln für die Verstorbenen eingelassen sind.
In nur geringer Entfernung zu dieser Mauer befindet sich ein Grab, das sich von den übrigen deutschen Gräbern auffällig unterscheidet. Todesjahr: 1941. Hier ruht der Arzt und Lepraforscher Dr. med. Manfred Oberdörffer.
Ein Lepraarzt in Afghanistan, einem Land, in dem diese Krankheit nur ganz vereinzelt vorgekommen ist? Und das im zweiten Jahr des Zweiten Weltkriegs, als Ärzte an der Front dringend gebraucht wurden? Nicht viel Fantasie ist nötig, um zu erkennen, dass es nur ein ungewöhnlicher Lebensweg gewesen sein kann, der Manfred Oberdörffer in dieses ihm völlig unbekannte Land führte, wo er tausende Kilometer von seiner Heimat entfernt den Tod finden sollte. Und seine Aufgabe bestand nicht darin, sich um afghanische Leprakranke zu kümmern, auch wenn das offiziell behauptet wurde.