Ägidiitor
Die Friedensgöttin am Kanonengraben
Die Promenade, die als Naherholungsgebiet nach Abriss der Stadtbefestigung über die äußere Stadtmauer verlief, wurde Ende des 19. Jahrhunderts zum Objekt der Gestaltung. 1894 errichtete die Stadt Münster der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff ein Denkmal am Kanonengraben. Das Denkmal, eine Büste von Anton Rüller, war bereits vom Künstler in den siebziger Jahren gefertigt worden, durfte aber während des so genannten Kulturkampfes nicht aufgestellt werden. Fast zwanzig Jahre mussten sich die Freunde der Dichterin gedulden, dann erhielt ihr Bild seinen ersten Platz nahe der ehemaligen Bastion. Aber die Büste blieb auch hier nur gut zwanzig Jahre, dann wechselte zur Kreuzschanze, wo sie heute noch steht.
Sie hatte einem anderen Denkmal Platz machen müssen.
Der Münsteraner „Verschönerungsverein“, eine private Initiative, hatte 1898 anlässlich des 250. Jahrestages des Westfälischen Friedens beschlossen, ein Friedensdenkmal in Auftrag zu geben. Ausführender Künstler war Wilhelm Bolte. Er schuf eine Friedensgöttin aus Bronze, deren Körperhaltung dem Augustus von Primaporta nachempfunden ist: die rechte Hand ist ausgestreckt, in der linken Hand hält sie einen Ölzweig, das Symbol des Friedens. Zu ihr tritt ein Krieger in Rüstung und legt seine Lanze nieder. In das Postament, auf dem beide stehen, ist das Wort PAX eingemeißelt.
Die Stadt genehmigte nach einigem Hin und Her den Standort an der Promenade oberhalb des Kanonengrabens und verfügte die Versetzung der Büste der Droste. Die Enthüllung des Denkmals fand am 1. Juli 1905 statt. Als Begründung für den Standort hieße es, dass die meisten Gesandten des Friedenskongresses von 1643 – 1648 durch das Ägidiitor in die Stadt gezogen waren. Knapp vierzig Jahre lobte die Friedensgöttin den Frieden. Dann kamen die Nationalsozialisten. Ihnen gefiel die Friedensgöttin nicht; angeblich genügte sie auch ihren künstlerischen Ansprüchen nicht.
Am 28. März 1942 war das Schicksal der Friedensgöttin besiegelt: die wurde zu militärischen Zwecken eingeschmolzen.
(Quelle: Axel Schollmeier, 1898, in: Ein Grund zum Feiern? Münster und der Westfälische Frieden, Münster 2018, S. 31 – 35)